Katja wollte niemanden töten. Doch sie hatte keine Wahl.
Und jetzt liegt ausgerechnet die Prinzessin des Farley-Clans verletzt – von einem Smaragd getroffen – auf ihrem Fußboden!
Katja allein gegen die halbe Unterwelt… Ob da Verhandeln noch eine Option ist?
Schauen wir mal, ob sie wirklich einen Plan hat. Auf ins Kapitel!
Katjas kleines Liebesnest roch jetzt nach Blut, kaltem Schweiß, Schießpulver, Regenbogenöl, verbranntem Teppich. Katja hatte das Portal bei ihrer Flucht zu groß gemacht. Sie dachte, Chloe hätte sicher Smaragde am Leib. War nicht so.
Jetzt schmerzte ihre Schulter wie die Hölle und sie hatte keinen Tropfen, um ihn zu bekämpfen.
„Deine Idee ist scheiße, Katja!“
Finii war wütend. Und sie hatte recht. Aber ihre kleine Schwester machte es sich auch zu einfach. Sie hatte ja keine Ahnung, wie es war, mit der Unterwelt zusammenzuarbeiten. Was wusste ihre Schwester schon über Chloe Farley? Dass die Frau bewusstlos auf Katjas Wohnzimmerteppich lag, glich einem riesigen Eimer Scheiße… mit Kirsche obendrauf.
„Ach ja? Dann hab doch eine bessere Idee, Lieblingstochter!“, schleuderte sie ihrer Schwester zurück.
Funkelnde himmelblaue Augen von beiden Seiten. Katjas Wohnzimmer schien nur durch diese Blicke blau zu erstrahlen.
„Das hat Mama nur einmal gesagt…“, murmelte Finii. „…dabei wollte ich immer so sein wie du.“
„Ach Quatsch. Alles hast du mir nachgemacht und Mama immer wieder gezeigt, dass du besser warst.“
„Ich wollte dir zeigen, dass ich gut bin. Dass ich auch cool sein konnte.“
„Du warst vier Jahre jünger. Du konntest nicht mithalten.“
„Ich bin immer noch vier Jahre jünger. Und stehe jetzt hier.“ Finii zog mit ihrer magischen Kraft an der Kugel in Katjas Schulter und verband anschließend die Wunde. „Und puhle Kugeln aus meiner älteren Schwester, mit der ich nicht mithalten konnte.“
Der Schmerz in Katjas Schulter ließ nach, und sie konnte sich ein Lächeln abringen. „Ich könnte nicht stolzer auf meine kleine Schwester sein.“
Finii verzog ihr Gesicht zu diesem verzückten kleinen Balg. „Och, Katta hatta Kompliment demacht!“
„Babysprache? Echt jetzt?“
„Ich bin vier Jahre jünger. Ich darf das!“
Beide lachten erleichtert, und Finii boxte Katja sanft auf die Schulter.
„Aua!“
„Oh Schreck! Ich hab’s vergessen!“
„Weil du vier Jahre jünger bist?“
„Es tut mir leid.“
„Ist schon okay.“
„Es ist nicht okay, Katja. Du bist verletzt und begibst dich in einen Hain von drei Maschan-Bäumen!“ Finii wurde nicht weich, nur ruhig. „Du könntest mich dabeihaben, doch du schickst mich weg!“
In Katja schossen Erinnerungen an ihre Grundschulzeit an die Oberfläche: riesige Bäume mit peitschenartigen Ästen und rasiermesserscharfen Blättern, die in der Lage waren, nach Sneefs auszuschlagen und sogar mit ihren Wurzeln zu laufen.
„Glaub mir, ich würde mich lieber sofort nackt durch ganze Maschanwälder spazieren, als den drei Familien zu begegnen, aber ICH HABE KEINE WAHL!“ Die letzten Worte schrie Katja förmlich. Sie hatte Panik. Aber Finii sollte es nicht merken, also wechselte sie das Thema.
„Wenn ich nur Herzchen erreichen könnte… Sie hätte Chloe und die Farley Familie im Griff.“
„Deine Vidal?“
„Jaa…“ So wie Finii das sagte, löste es Wärme in Katjas Brust aus. Wie sehr hätte sie die Rumtreiberin jetzt hier. Vidal hatte immer eine Lösung parat.
„Du hast ihr eine Nachricht geschickt. Das muss reichen. Sie ist eh eine Nichtmagierin. Was könnte sie schon ausrichten?“
Offensichtlich hatte Finii keine Ahnung. „Sie könnte…“
Ein leises Stöhnen ließ beide herumfahren. Chloe sah nicht gut aus. Ihre Haut war fiebrig dunkel. Ihr einst signalvioletter Teint war nun dunkelgrau. Schweiß rann über ihre Stirn. Ihr Brustkorb hob sich kaum merklich. Doch ihre Augen zuckten unter ihren Lidern. Wurde sie etwa wach? Hier? Chloe war eine starke Zauberin. Das hatte sie schon im Tresor sehen können. Und Vidals Geschichten von ihrer Ex waren auch nicht gerade erheiternd. Besonders die mit dem Traualtar, vor dem Vidal sie hatte sitzen lassen.
Finii ging zu ihr und wechselte den Lappen auf ihrer Stirn. Chloe war bis jetzt noch nicht wieder bei Bewusstsein gewesen. Eine starke Rückkopplung konnte sogar bleibenden Schaden im Gehirn auslösen. Nicht auszudenken, wenn auch noch bleibende Nervenschäden auf Katjas Konto gingen.
Doch Chloe jetzt ins Krankenhaus zu bringen, war keine Option. Dann würde ihr gar keiner mehr zuhören, gar keiner mehr lebend aus der Nummer rauskommen.
Das Handy klingelte. Vaikar. Es konnte nur Vaikar sein.
„Mach es nicht…“, flüsterte Finii und schüttelte den Kopf. Ihre Angst war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
Katja hob ab.
„Katja. Du hast einen riesigen Haufen Scheiße auf meinem Tisch abgeladen.“ Vaikars Stimme war ruhig, glatt wie Glas… über einem tosenden Vulkan.
„Ich kann das…“
„Du kannst mir das alles in Ruhe erklären, wenn du hier bist. In meinem Büro.“ Vaikar machte eine kurze Pause. „Wo ist Marshas Tochter?“
„Sie ist in Sicherheit. Bei Freundinnen.“
Stille am Telefon. „…okay. Ich hoffe, Du hast sie nicht bei Vidal?“
„Doch!“ – zu schnell, zu aufgeregt. Erst jetzt dämmerte Katja, wie lächerlich die Idee war, Vidal und Chloe wären in einem Raum und das würde gut ausgehen.
„Hör auf, mich anzulügen, Katja. Ich bin kurz davor, an jeden Ort, den ich von dir kenne, eine Bombe zu schicken. Also reiz mich nicht, Kindchen! Ich will dich hier sehen, Katja. Sofort. Du bist Technikerin. Komm mit einem Portal.“
Katja zitterte am ganzen Leib. Vaikar hatte die Mittel. Das Leben aller, die sie kannte, lagen plötzlich als Einsatz im Pott. Sie blickte ihre Schwester an. Finiis Leben war in Gefahr und es war alles Katjas Schuld. Doch Aufgeben war keine Option.
„Ich bin leer, Frau Vaikar…“ – Komm schon! Nur ein paar Minuten – bettelte Katja in Gedanken.
„Wenn du in fünf Minuten nicht hier bist, wird sich Daria Cucco um dich und deine Familie kümmern. Du hast sicher von ihr gehört, oder!?“
Katjas Hals schnürte sich zu. „… die Metzgerin vom Dooram-Tal…“
„Fünf Minuten, Katja.“
Vaikar legte auf.
Katja ließ das Handy fallen. Ihre Hände waren schweißnass, sie zitterte. Daria Cucco. Diese Magierin tötete nicht. Sie schnitt, heilte, verbrannte und verletzte ihre Opfer so lange, bis ihre Körper nur durch den Schmerz aufgaben. – Wenn doch nur Vidal hier wäre. Sie hat Erfahrung mit Magierinnen… und Smaragde… –
„Ich…habe 5 Minuten, um genug Äther zusammenzukratzen, um ein Portal nach Kazamira zu erstellen.“
„Ich kann dir von meiner…“
„Nein! Auf keinen Fall. Du wirst deine Kraft noch brauchen, wenn ich weg bin. Hilf mir lieber Chloe auf die Bahre zu legen.“
„Scheißidee…“, schnaufte Finii erneut, während sie mit ihrer Schwester die bewusstlose Chloe auf die Bahre rollten. Okay, es war eigentlich ein Bügelbrett, aber es funktionierte.
„Bitte Finii. Das weiß ich auch und ich habe keine Zeit für Diskussionen! Du weißt, was du sagen sollst, wenn sie wach wird?“
„Ja. Kümmer dich um deine Frist.“ Finii wickelte Klebeband um Chloe und das Bügelbrett.
Katja stürmte in ihre Werkstatt zurück. Die Zeit raste dahin. Schon war die vierte Minute angebrochen. Sie zerbrach den Speicher 4 des Rex. Der frei gewordene Äther strömte aus dem Speicher, wollte entweichen. Ein Vorteil hatte der Zeitdruck. Sie war fokussiert. Mit weit schwingenden Armen fing sie den Nebel ein, führte ihn näher an ihre Brust und sie kanalisierte so viel wie sie nur konnte. Es war überraschend wenig. Kaum genug, um ein Portal zu öffnen – geschweige denn, einen Schutzschild um sich zu errichten. Es musste reichen. Weitere Speicher wollte sie nicht opfern. Was hätte es schon gebracht? Gegen eine Magierin vom Schlage der Cucco war alle Magie, die sie stemmen konnte, ein Blatt im Wind.
Sie leckte sich über die trockenen Lippen, dann öffnete sie mit Hilfe von Rex ein Portal nach Kazamira – in Patrizia Vaikars Büro. Wie die Menschen sagten – in die Höhle des Löwen.
Puh… Katja springt also mitten hinein ins Herz der Gefahr – direkt ins Büro von Patrizia Vaikar.
Keine Smaragde, kaum Äther in Reserve, und als Willkommenskomitee wartet die halbe Unterwelt.
Klingt nach einem verdammt schlechten Deal, oder?
Aber hey – Katja wäre nicht Katja, wenn sie nicht wenigstens versuchen würde, das Blatt zu wenden.
Wir werden sehen, wie weit ihr Mut (oder ihr Wahnsinn) sie trägt… Lasst uns nächsten Sonntag schauen, was eine kleine Farbengardistin im Schlund der Hölle so alles in Bewegung setzt!
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