Warum in einen lächerlich einfachen Tresor einbrechen? Na hoffentlich sticht Katja hier nicht in ein Wespennest…
Katja zerrte am Riegel der Tür, doch die tonnenschwere Apparatur bewegte sich keinen Millimeter.
„Hilfst du mal, oder stehst du nur rum und babbelst Scheiße?“
Erst jetzt bemerkte Katja, dass Jane die ganze Zeit mit ihrer Waffe nur in ihre Richtung gewandt war. Die Sneef hatte einen Plan und der gefiel Katja ganz und gar nicht. Wenn doch nur Vidal hier wäre. Die hätte ihr im PAT-Style den Arsch aufgerissen. Schließlich war Vidal in der Ausbildung der Polizei-Antiterror-Truppe mehrfach ausgezeichnet worden… oder etwa nicht!?
Doch sie war nicht hier. Katja erinnerte sich an Vidals sorgenvollen Blick, nachdem sie Vidal den Plan erklärte. Und ihr Angebot, wenigstens als Rückendeckung im Hintergrund zu bleiben, klang jetzt so logisch.
Jane schnaufte verächtlich, packte aber dann doch zu und gemeinsam bekamen sie die riesige Tür auf.
Sie schlichen beide in die Tresorkammer. Automatisch blitzten die klassischen Neonröhren der menschlichen Beleuchtung in der Kammer auf und tauchten das Innere in unnatürlich kaltblaues Licht.
Jane lief gezielt auf einen der größeren Schubladen zu und öffnete die richtige. Sie zog zwei Glasflaschen daraus hervor. Beide waren mit einem Wachskorken verstopft und in ihnen war eine Flüssigkeit zu sehen. In der ersten war eindeutig Sneefblut darin. Alt, grau und geronnen. Doch in der anderen war Drillblut. Schwarz und frisch.
„Was bei allen sieben Höllen ist das? Was geht hier ab?“
„Du kennst Blutschwüre der Drills nicht?“ Jane lachte verächtlich.
Es dämmerte Katja. Magie der Drills funktioniert anders als die Magie der Sneefs. Sie hat mit Versprechen und Konsequenzen zu tun. Dort war die Magie lebendiger, eher wie ein Richter und Henker. Drills versprachen sich gegenseitig die verrücktesten Dinge und wenn einer den Schwur brach, tötete dich die Magie. Zack, egal wo Du warst, tot.
„Moment, Jane. Das ist Sneef und Drill Blut. Wir stehen aber in einem Menschen Tresor. Was ist hier los?“
Jane hörte nicht auf Katja. Mit schnellen Schritten lief sie zu den Flaschen. Katja hinterher, wollte sie aufhalten, doch Jane hatte die beiden Gläser bereits in ihrer Hand und machte keine Anstalten, diese freizugeben.
„Was… Ist… Das…!?“
Jane antwortete nicht.
Katja schnappte sich das Papier, dass auf dem Tisch lag. Es war in Drial geschrieben und ihr Drial war nicht besonders gut, aber Farley und Tolaj waren darauf deutlich zu erkennen. Zwei der übelsten Unterwelt-Familien. Und Farley hatte sogar einen direkten Bezug zu ihrer Vidal. Sie war eine Zeit lang mit ihrer Tochter Chloe gegangen und das ging nicht gut aus…
Und da hörte Katja schon das Zischen und Stampfen eines alten Roboters.
Beide standen wie angewurzelt da und blickten auf den Eingang des Tresors, bis die Maschine aus Zahnrädern, Panzerplatten, Magie und Smaragdsteinen um die Ecke bog. Katja spürte förmlich, wie die Smaragde ihre Magie in Schmerz umwandeln wollten.
Der alte Golem der Familie Farley. Victor, wie einer der sieben Teufel hatten sie ihn genannt. Er war bekannt, wie kein zweites Konstrukt aus Technologie und Magie.
„Warum… hast Du den Golem geweckt?“, stammelte Jane.
Katja blickte auf den Tisch und sah den metallischen Kontakt. Katja hatte den Kontakt unterbrochen, als sie den Vertrag vom Tisch nahm. Das hatte wohl den Golem ins Leben gerufen.
„Ich hab den Kontakt… Moment. Du wusstest von Victor?“
Schritte von Lackschuhen und ein Ausruf lenkten sie wieder zum Eingang. Die Stimme war klar. Hell. Wie Glas, das gleich zerspringen würde.
„Seid ihr irre?“
Chloe Farley stand im Türrahmen – leuchtgelbe Augen, eiserner Blick.
Und Katja wusste sofort: Das hier war nicht mehr nur ein Einbruch. Es war Familiär. Es war ein Dolch im Rücken zweier Familien, die vor nichts zurückschreckten.
Chloe Farley betrat den Raum. Katja hatte nie direkten Kontakt mit ihr gehabt. Doch die jüngere Tochter war weithin bekannt. Auch weil es Vidal’s Ex war.
„Und ich weiß was Irre ist.“ Chloe griff an den Rücken ihres Golems, drehte ein Ventil und der Golem drehte hoch. Panzerplatten schoben sich aus seinem Inneren über seine Gelenke, weitere Smaragde tauchten aus dem Inneren auf und machten einen Angriff mit Magie noch schwieriger.
„Hey Chloe“, ergriff Katja das Wort. „Ich kann das erklären…“
„Kenne ich dich?“
„Nein. Sicher nicht. Wenn wir gewusst hätten, wem der Schwur gehört, dann…“, weiter kam sie nicht. Der Golem schnellte wie ein Jaguar vor und schleuderte seine linke Faust Katja entgegen.
Reflexartig ballte sie ein magisches Schild vor ihrer Brust. Und noch bevor die smaragdbesetzte Faust ihren Brustkorb traf, bereute sie ihre Dummheit. Die unsichtbare Schutzplatte zerplatzte wie eine Seifenblase, als die funkelnden grünen Steine auftrafen und verwandelten die ätherischen Fäden in Drahtseile aus Schmerz. Wie Feuer brach die Energie ihres Schildes, über ihren Verstand. Und dann traf die Faust ihre Brust. Die Wucht war so groß, dass es Katja gegen die Wand schleuderte. Etwas knackte verdächtig in ihren Rippen und der Kopf schlug so hart gegen die Wand, dass Katja nur noch Sterne sah.
Der Golem blickte einen Augenblick Katjas leblosen Körper an. Drehte den Kopf, als wollte er jede Verletzung in seine Erinnerung aufsaugen, sich dran laben. Vielleicht hoffte er auf ein Lebenszeichen, dann richtete er seine magenta leuchtenden Augen auf Jane und stapfte auf sie zu.
Doch Jane war nicht untätig gewesen. Sie hatte während Katjas peinlichem Versuch, die verrückte Chloe zu besänftigen, ihren Rucksack nach ihrem Joker gesucht. Ein goldener Stab lag in ihren Händen und mit einem Dreh entstand ein Regenbogenring auf dem Fußboden vor Victors Fuß.
Der Golem trat durch den Ring. Sein Bein verschwand bis zur Hüfte im Ring. Doch die Smaragde an seiner Beinrüstung hatten auch Auswirkungen auf das Portal.
Der Ring war als Tunnel für eine Sneef gedacht, nicht für eine 300 Kilo Tötungsmaschine. Das brachte die Kraftmenge, die im Stab gespeichert war an seine Grenzen. Als auch noch die Smaragde hindurch rutschten, das war endgültig zu viel für das Artefakt. Es explodierte und hüllte Jane in eine Wolke aus Staub und Schrapnellen.
Das Portal hatte sich zusammengezogen und eng um Victors Bein gelegt. Der Ring flackerte jedes Mal, wenn der Golem versuchte sich mit dem anderen Bein abzustützen. Immer wieder berührte er den Ring und das Portal vernichtete alles, was mit dem äußeren Regenbogen in Verbindung geriet. Schon nach kürzester Zeit platzten Teile von Victors Panzerung ab und verteilten sich um ihn wie welke Blätter.
Chloe wollte helfen, doch sie konnte nicht. Victor fuchtelte so wild um sich, dass sie nicht mit Magie nach ihm oder dem Portal greifen konnte. „Victor! Halt still! Sei eine Statue!“ Der Befehl half. Es war ein Notaus-Befehl, doch beide Diebinnen waren ja ausgeschaltet. Also was…
Da bewegte sich Jane. Sie hustete, spuckte weiß leuchtendes Blut, aber sie konnte sich bewegen. Ein teuflisches Grinsen lag auf ihrem Gesicht.
„Du hast es wirklich gesagt!“ kicherte Jane
Chloe fackelte nicht lange. Ein Strahl auf die Brust der Sneef sollte genügen… vielleicht die Magie etwas knapper bemessen. Man weiß ja nie…
Chloes Speer aus magischem Äther schoss auf Janes Brust zu, traf den Panzer… und den Smaragd dahinter. Sofort brach Chloe bewusstlos zusammen.
„Du machst es mir aber auch zu leicht.“ Jane stellte sich über Chloe, richtete ihre Pistole auf den Hinterkopf der jungen Farley und…
Eine Panzerplatte schleuderte durch den Raum und traf Janes Hand. Der Schuss ging daneben.
„Was?“ ungläubig sah Jane auf Katja, die mit blutenden Ohren und wütendem Blick auf sie zu humpelte. Katja musste nicht auf den Lauf der Pistole achten. Sie wusste, dass in der Waffe mit Sicherheit Smaragdkugeln geladen waren. Sie schaffte die Platte gerade noch rechtzeitig vor sich, als auch schon zwei der drei Kugeln auf die Platte trafen. Ihr Schwebzauber löste sich auf, doch eine Platte zu bewegen, war keine hohe Magie und so schmerzte die Rückkopplung eher wie eine Migräne.
Doch die dritte Kugel schlug in ihrer Schulter ein. Blut quoll heiß und weiß leuchtend aus der Wunde.
Ein Klick bestätigte, dass Janes Waffe leer war.
„Hör auf Technikerin! Wir sind auf derselben Seite!“
Adrenalin rauschte durch Katjas Körper. „Du hast das von Anfang an geplant. Das war nie ein Diebstahl.“
„Natürlich nicht. Diebstahl hättest Du alleine hinbekommen. Und weil Du das nicht kapiert hast, warst Du genau die richtige Wahl.“
Katjas Augen funkelten wütend. „Das hört jetzt auf, Jane. Ich stell mich nicht gegen Farley. Und schon gar nicht gegen Tolaj.“
„Kapierst Du es denn immer noch nicht? Der Auftrag IST von den Tolaj!“
„Was?“, stammelte Katja.
„Der Blutschwur. Er zwingt die Tolaj ständig die Waffenruhe zu wahren. Immer wieder für den Frieden auf Gewinne zu verzichten. Das hört auf. Jetzt und hier.“
„Du hättest die Flaschen längst zerstören können. Warum hast Du es nicht getan?“
Janes Gesicht verzog sich wieder zu einem Grinsen.
„Moment… Du hast auf Chloe gewartet. Du wusstest den Golem auszuschalten… Du kennst Vidal. Dann kennst Du auch Chloes Problem mit ihr.“
„Du bist ihre Neue, das hat Chloe nicht verkraftet. Sie ging mit allem was sie hatte auf dich los. Es kam zum Kampf, Katja und Chloe sind im Tresor gestorben und haben dabei aus Versehen, den Schwur vernichtet.“
„Ich…“ Katja nahm ihre Kräfte zusammen. Es war nicht viel, aber dafür sollte es reichen.
„Denk an Finii.“
Katja fror körperlich und im Äther ein.
Jane zog einen Dolch aus ihrem Holster. „Du willst doch nicht, dass deine Schwester dafür bezahlt, wenn Du deinen Auftrag nicht erfüllst?“
„Wenn Du meiner Schwester auch nur ein Haar krümmst…“
„Ich nicht. Die Tolaj aber schon.“
„Und jetzt, nimm meinen Smaragd und den Dolch und töte Chloe. Dann können wir fliehen und die Vaikar lässt dich untertauchen.“
„Was haben die Vaikar mit alldem zu tun?“
„Nichts. Sie bezahlen dich für den Auftrag. Von den Auftraggebern wissen sie nichts. Und jetzt los.“
Katja nahm Smaragd und Dolch von der Sneef und wandte sich Chloe zu. Sie lebte noch. Sie atmete schwach. Ein ätherisches Schimmern lag um ihren Körper. Kaum stärker als ihr eigenes Schild. Sie kniete sich zu Chloe runter.
Das Klicken eines neuen Magazins war kaum zu hören, doch Katja wusste, was nun kommen musste. Sie sollte nicht entkommen. Jane hatte die Zeit genutzt, ihre Waffe wieder zu laden und sicher zeigte die Pistole bereits auf ihren Kopf.
„Es tut mir leid…Finii“, flüsterte sie. Der Dolch in ihrer Hand schwebte, sauste mit der Geschwindigkeit eines abgeschossenen Pfeils um Katja herum und schlug in Janes Kehle ein.
Röchelnd und mit weit aufgerissenen Augen fiel Jane um, starrte Katja an, die aufstand und sich ihr zuwandte.
„Man hat Dir nicht gesagt, dass Du auf keinen Fall meine Familie bedrohen darfst, oder!?“
Sie schnickte mit dem Fuß die Pistole beiseite.
„Halte mich nicht für dumm, Jane. Die Tolaj hätten nichts davon, wenn ich ihre Tochter töten würde. Die Farley würden die Straßen mit schwarzem Blut tränken. Das hier trägt die Handschrift von Henriette Vaikar. Ich muss…“
Katjas Blick fiel erst auf Janes gebrochenen Blick. Sie klopfte bereits am Tor zur ersten Hölle an. Ihr Blick wurde von einer Bewegung abgelenkt, einem ausbreitenden Fleck. Sie sah auf das schwarze Blut, das unter Janes Hintern hervorquoll. Sie hatte die Flasche in ihrer Gesäßtasche platziert und die war nun zerstört.
„Na toll…“
Wow! Was passiert nun? Der Blutschwur zerbrochen! Was hat er kontrolliert? Was wird sich nun ändern? Wir werden es erfahren. Schon nächsten Sonntag!
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